In meiner Erfahrung rückt bei immer mehr Menschen der Wunsch ins Bewusstsein, natur- und umweltbewusster zu leben, zu essen und zu handeln. Dann stellt sich jedoch recht schnell die Frage, was man denn eigentlich tun kann – wo man überhaupt anfangen kann.
Ich möchte dazu heute Ayurveda und Umweltbewusstsein zusammen beleuchten und zeigen, was wir in diesem Punkt von der ayurvedischen Betrachtungs- und Lebensweise lernen können:
Ayurveda bedeutet wörtlich das „Wissen vom Leben“. Inhaltlich ist „das Wissen von einem langen, glücklichen Leben im Einklang mit der Natur“ für mich noch deutlich passender. Es gibt im Ayurveda einen Grundsatz, der elementar ist:
Wie im Innen, so im Außen. Wie im Außen, so im Innen.
Wie im Teil, so im Ganzen. Wie im Ganzen, so im Teil.
Der Mensch wird von seiner Umwelt beeinflusst – durch Jahreszeiten, Klima, usw. Die Elemente, die die Natur formen, formen auch uns – und andersherum – im Ayurveda ausgedrückt durch die Doshas. Die Eigenschaften, die wir in der Natur finden, finden wir auch in uns – und andersherum.
Daraus folgt: So sehr wir mit uns selbst in Verbindung sind, so sehr sind wir auch mit der Natur in Verbindung.
Wie ist jedoch das heutige Bild?
Oft vergessen wir, überhaupt mit uns selbst in Verbindung zu gehen. Uns wirklich wahrzunehmen und anzunehmen. Unsere Gefühle und Bedürfnisse wahrhaftig zu fühlen.
Wir treten weniger mit unserer Ernährung in Beziehung. Wir wissen oft nicht, wo Lebensmittel herkommen und was wir da überhaupt essen. Wir verlieren so schnell das Gefühl für Saisonalität und Regionalität. Was braucht es eigentlich, bis ein Brokkoli komplett gewachsen ist? Vielleicht bereiten wir das Essen nicht selbst zu und verlieren auch so mehr und mehr den Kontakt dazu – das Gefühl dafür fehlt.
Wir treten weniger mit dem Klima in Beziehung. Schnell vom warmen Haus in das warme Auto, dann spürt man die Kälte des Winters kaum. Das ist auch nicht schlimm – wir vergessen so allerdings, dass die Kälte von Außen uns beeinflusst. Wie wir mit der Jahreszeit in Beziehung treten könnten und ihr mit passender Ernährung, Kleidung und Lebensweise begegnen können, tritt so mehr und mehr in den Hintergrund.
Es gibt noch so viele Beispiele: Frauen, die vergessen haben mit ihrem Zyklus in Verbindung zu gehen. Übermäßiger Konsum, der unsere Bedürfnisse doch nicht stillt, aber oft kurz stumm stellt und uns von uns selbst ablenkt, statt uns zu erlauben uns mit unseren Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Das Fehlen von tiefgründigen Beziehungen und Freundschaften, weil wir dafür zunächst einmal mit uns selbst in eine tiefe Beziehung gehen müssten.
Was können wir daraus in Verbindung mit Ayurveda mitnehmen?
Wenn das Innen das Außen beeinflusst, wenn der Einzelne das Ganze mitgestaltet, dann können wir unser Umweltbewusstsein stärken und bessere Entscheidungen treffen, indem wir unser Bewusstsein für uns selbst stärken – indem wir unsere ganz eigene, individuelle Natur besser kennenlernen und danach handeln, was uns gut tut. Ist das nicht grandios!?
Ayurveda lädt uns ein, mehr mit unserer eigenen Natur in Beziehung gehen:
- Wo ist das Element Erde in mir präsent? Wo bin ich stabil, gefestigt, bodenständig, großzügig? Wo werde ich vielleicht passiv und starr?
- Wo ist das Element Wasser in mir präsent? Wo lasse ich Emotionen zu, vertraue, bin im Flow, lasse meine Lebensfreude fließen? Wo verweile ich vielleicht zu sehr in Emotionen und lasse mich regelrecht unters Wasser ziehen?
- Wo ist das Element Feuer präsent? Wo ist meine Kraft, meine Stärke, meine Leidenschaft, meine Handlungskraft? Wo habe ich vielleicht Wut aufgestaut oder begegne Anderen mit Bewertung? Wo strebe ich nur noch nach höher, schneller, weiter – ohne mal inne zuhalten?
- Wo ist das Element Luft präsent? Wo bin ich bewegt und agil, wo liegt meine Kreativität, was ist meine Vision? Oder wo hebe ich ab und verliere den Bodenkontakt?
- Wo ist das Element Äther präsent? Was inspiriert mich? Lasse ich genug Raum für Inspirationen? Habe ich einen Zugang zu meiner Intuition? Oder verliere ich mich vielleicht in diesem Raum und drifte ab?
Ayurveda lehrt uns auch, uns und unsere eigene Natur anzunehmen. Wir dürfen in Balance kommen, ja – wir müssen uns aber nicht verbiegen, versuchen anders zu sein und unsere eigene Natur verleugnen. Im Gegenteil, wir dürfen wieder mit unserer eigenen Natur in Beziehung gehen.
Wir dürfen wieder mit unserem Essen in Beziehung gehen. Es ist unsere Nahrung – Lebensmittel oder Lebewesen. Wir essen keinen Klumpen Makronährstoffe und Kalorien. Wir nehmen Lebensmittel und eventuell auch Lebewesen zu uns. Wir dürfen wieder neugierig sein, woher diese Nahrung kommt. Das Gemüse anfassen, fühlen, riechen, schmecken – wahrhaftig wahrnehmen. Was macht genau diese Paprika oder dieser Brokkoli mit mir? Wie kann ich mein Essen zubereiten? Tut mir dieses Essen gut? Wie fühle ich mich vorher und wie nachher?
Wann immer ich mir erlaube, mit mir selbst in Verbindung zu gehen und mir selbst so bewusster zu werden, treffe ich nachher langfristig bewusstere Entscheidungen. Immer wenn ich ein Stück von mir selbst heile, sehe ich die Welt danach in einem schöneren Licht und fühle mich mehr mit ihr verbunden. Über die letzten Jahre habe ich angefangen, weniger zu konsumieren, meine Kleidung in Bio-Qualität, unbehandelt und fair produziert zu kaufen. Ich kaufe mehr und mehr im Bio-Markt. Ich genieße meine Nahrung auf einer viel tieferen Ebene. Ich wertschätze tiefe Freundschaften und Gespräche.
Ich glaube, diesen Weg kann man aus zwei Richtungen gehen: Mehr Bewusstsein, Heilung und Erkenntnis für sich selbst und mehr Bewusstsein und weniger Konsum für unsere Natur. Wenn wir beide Aspekte zusammennehmen, kreieren wir langfristige, inspirierende und nachhaltige Veränderung und Heilung für uns und für unsere Natur – von der wir ein Teil sind. 💚
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